Happiness does not wait

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Sonntag, 21. August 2016

Schrecklich süße Depression

Da ist eine Mücke, sage ich zu Depression. Sie guckt und nickt nur stumm.
Depression ist nie sehr gesprächig. Was mich aber weder stört, noch wundert. Denn ihr müsst wissen: Schließlich ist sie auch nur ein Schaf. Mit großen glitzernden Augen, weichem, schwarzen Plüschfell und ein liebes Geschenk von meinem Mitbewohner.
Mit einer Schleife um den Hals. Eine unfassbar karierte Schleife, die Depression nur noch niedlicher macht.
"Davonkommen ist ein hässlich verpacktes Geschenk"¹, meint sie, beißt ein weiteres Dunkelstück der Nacht aus dem Himmel und immer wenn sie das sagt, wird sie ihrem Zweitnamen gerecht. Tod.
Liebenswerte Namen, nicht? Aber die trägt sie, weil.. Tja. Gute Frage. Vermutlich weil ich sie geschenkt bekommen habe, als keine bunte Zeit war. Sondern die Tage einer Kette liebloser grauschwarzer Stundensammlungen glichen.
Jedoch ist eine bleierne Traurigkeit nicht der erfüllende Lebensinhalt. Also, verpasste ich ihr diese Namen. Zu ironischen Forschungszwecken. Die jeden Morgen starten, wenn ich mich durchringe, meinen seelisch alten, realistisch aber gerade mal 24 jährigen Körper in eine senkrechte Position zu bringen. Luftmoleküle aufwirbeln und sich nahezu sofort Staub auf meinen äußeren Körperschichten ablagert.
Jeden jeden Morgen.
Und morgen ist leider auch noch ein Tag².




¹ Lilly Lindner - Splitterfasernackt
² Tobi Katze - Morgen ist leider auch noch ein Tag

Übrigens beides sehr gute Bücher, die absolut lesenswert sind. 

Freitag, 12. August 2016

Wohnungsgeschichten...

... zack. Weg war sie endlich. Diese Wohnung.
Ich hab sie nicht weiß gestrichen, nein, das hab ich nicht. Ich hab meine Schweine gepackt und das restliche Zeug. Das ist schon eine Weile her. Dann wurde der Rest irgendwann gepackt und ich habe mit den Vermietern gestritten. Nun müssen sie streichen und putzen etc. Damit habe ich nichts mehr zu schaffen und das ist gut so.

Was ich noch großartig getan habe? Nägel aus der Wand ziehen, Duschvorhang abbasteln, Fensterschlüssel raussuchen. Alles bereit legen und gehen.

Die Wohnung gehörte schon lange nicht mehr mir. Seitdem meine Meerschweinchen ausgezogen waren, fühlte sich die Wohnung kälter an. Keine Wärme ist mir entgegen geschwappt, kein freudiges Quieken begrüßte mich mehr.

Wie ein luftleerer Raum, kein Leben je gefüllt.

Und du glaubst,
du bist farblos
und morgen dann tot

Und du fühlst dich so überflüssig
und falsch
wie das fremde Haar,
was auf dem Bettlaken verweilt.




Schließlich finde ich neben mir dich und erinnere mich. An mich. Wie ich dich suchte und fand. Du das Privileg, meine beste Plüschfreundin zu werden, bekamst. Zeit wurde relativ. Da du mit mir gingst.

Du bist meine älteste Freundin
Mit den roten Haaren

Ich hab dich durch die Welt getragen
weißt du noch?
Am Anfang sogar um den Hals
und wie frech du bist
hat meine Mutter immer geschimpft

Wenn du nicht da bist
schlafe ich schlechter ein
und auch wenn ich nicht mehr 12 bin
brauche ich dich

Du hast über die Hälfte meines Lebens
direkt neben mir verbracht
sogar die allermeiste Zeit mit mir

Ich durfte dich vollweinen
und mir musste es nie gut gehen
mir muss es bis heute nie gut gehen
es ist dir egal, wie es mir geht

und auch wenn ich erwachsen bin
weiß ich
deine kleine Plüschseele treibt da irgendwo neben mir im Wind

Mittwoch, 10. August 2016

Klausuren und Ängste - eine Story ohne happy end

Erinnert ihr euch?
Diese Klausur, vor der ich erst gar keine Angst hatte?

Naja, dann hatte ich plötzlich so dolle Angst, dass ich aufgefressen wurde. Ich wurde krank. Und zu der Klausur danach war ich auch krank und dann habe ich Psychologie-Kombiklausur geschrieben.
Wobei...geschrieben. Haha. Ich hab meine Matrikelnummer angekreuzt, ein paar multiple choice Kästchen bekreuzigt, andere wieder ausgemalt und dann Löcher in die Luft geschaut.
Ich. Bei Psychologie. Blackout. Da darf ich echt nicht der Vorlesungstante erzählen, dass ich doch so einiges in Psychologie weiß, weil ich mich damit nunmal auseinandersetzen _muss. Und will. Pädagogische, Entwicklungspsycho. All das lese und lerne ich gerne und sitze dann in der Klausur und tjaaaa.
Ich hätte vielleicht was malen und ihr eine Aufgabe stellen sollen:
Beschreiben und analysieren Sie die Abbildung unter psychotherapeutischen Aspekten und mit Einbeziehung des Entwicklungsstandes der Studentin in ihrer aktuellen Situation.

(Ich, 5 Jahre, kaue auf dem Stift und gucke Löcher in die Luft, still und isoliert. Zumindest sehe ich auf den paar Kinderbildern so aus, wenn ich nicht gerade aufgefordert wurde, super lächelnd in die Kamera zu blicken.)

Naja. Zumindest habe ich dann oben neben meinen Namen noch "Staatsexamen" geschrieben und darunter ergänzt "Oder vermutlich nun leider kein Staatsexamen". Die Prof hab ich zumindest verstanden, dass sie meiner Einschätzung gefolgt ist und kurzerhand "5,0 / kein Staatsexamen" als Ergebnis eingetragen hat.

Schwupps. Da war dann das Loch, in das ich gefallen bin und was mich hat einiges an Blödsinn anstell-, wobei nein. Nur meine ganzen Lernvorräte habe ich schnell vernichtet, nur ungesundes gegessen und mich zwei Tage nicht aus dem Bett bewegt. Gar nicht so blödsinnig. Sondern sehr verständlich. Die Chips und die Schokolade waren schließlich für nur einen Zweck bestimmt, der nicht eingetreten ist. Also musste ich mich opfern und sie sang- und klanglos aufessen. Immerhin haben sie geschmeckt in den Pausen von schlafen und gammeln und Tierchen füttern und nicht duschen und nicht anziehen und miefig aussehen und so weiter. Danach war ich einigermaßen wieder gefasst und habe mich in die "ich muss wenigstens möglichst viel Haushaltsarbeit von meinem Mitbewohner weghalten, der Staatsexamen schreiben darf" Phasen gestürzt.
Ihm Brötchen machen, Kaffee brühen, damit er nicht mehr nach Leiche, sondern wenigstens nur kränklich aussieht, gut zusprechen, ihm noch mehr Bücher ausleihen gehen, ihn beruhigen bei Panikattacken und zuschütten mit Infos bzw. pflanzlichen Mittelchen aus dem heiligen orangen Kistchen, damit er nicht noch die letzten Organe ausspuckt und in der Prüfung dann nur aus dem letzten Loch röchelt. Sieh da. Wir haben es geschafft. Ich hab miefig ausgesehen und dann okay und dann wieder menschlich und er ist von Leiche auf kränklich gesprungen und nach dem er Examen geschrieben hat wieder auf eine gesunde Hautfarbe.

Dazwischen? Dazwischen habe ich viel geknutscht und gefeiert. Ein bisschen was getrunken. Mit der Theatergruppe zusammengesessen oder verknotet zu siebt auf einem Sofa gelegen. Über Gott und die Welt diskutiert. Habe erfahren, dass eine gewisse Sie leider absolut hetero ist.
Wieso genau tragen Heteros keinen Stempel auf der Stirn? Achja, richtig. Weil dann jeder andere sehen würde, dass sie leider recht langweilig durchs Leben gehen. Sorry Leute, aber aus der Reihe tanzen und mehr oder andere Auswahl haben und mehr oder anderer Gesprächsstoff rockt eben doch ziemlich. Man kann auffallen, kann Eltern schocken und "Freunde" und noch viel mehr. Man kann Menschen dazu bewegen, auf die Straße zu gehen. Zum Beispiel weil sie Angst haben, dass wir alle Schulbücher qualitativ abwerten und ihren Kindern Horror Szenarien erzählen. Gibt es tatsächlich Erziehungsberechtigte, die glauben, dass ihre Kids niemals das Internet und niemals die Pornoindustrie entdecken werden? Und dann haben sie Angst, dass in der Matheaufgabe nicht der Hans die Marina vor x Jahren heiratet und bereits y Jahre mit ihr zusammen ist, sondern der Hans mit dem Georg in die USA reist und dort richtig heiratet, weil sie in Deutschland immer noch nur die eingetragene Lebenspartnerschaft haben können? Nunja. Ich werde trotzdem Biolehrerin und dann _wird es bei mir solche Aufgaben geben und dann _werden die Kids auch über alle Familien- und Lebensformen aufgeklärt.
Ja.. aber dazu muss ich eben nun krank sein und mich ums Gesund werden kümmern. Konkret: Urlaubssemester und um Therapie und Maßnahmen kümmern, die mir ermöglichen, mein Gehirn auszutricksen, damit ich bei einem Blackout wieder zu mir finde und weiter arbeiten kann.
Fürs nächste Staatsexamen bin ich trotzdem angemeldet und dann werde ich wieder diese Psychoklausur davor schreiben und mehr als nur ein Bild malen können.
Ätsch.
Ihr werdet es schon sehen.

Oh - guck mal. Der Wecker klingelt in drei Stunden. Hihi. Naja. Dann ist die alte Wohnung für immer weg. Aber dazu dann morgen. G N8!