Happiness does not wait

Seiten

Samstag, 12. Mai 2012

Fressen

Essen. Ja, essen ist nicht der Hammer.
Essen ist manchmal mein Feind. Nein, fast immer.

Ich hasse den Spiegel, ich brauche ihn.
An manchen Tagen, aber ich gehe ihm auch aus dem Weg. Etwas schwer, wenn man sich morgens anfängt zu schminken für die Uni, wenn man im Flur immer und immer wieder am Spiegel vorbei läuft, weil dort die Schuhe stehen und die Jacke vorhängt.

Es ist schon ein paar Wochen her, dass ich den letzten richtigen Hungerkrampf hatte und dann hat es mich Donnerstag wirklich reingerissen. Obwohl ich doch so viel Tee zum Trinken dabei hatte und Kaugummis. Mein dummer dummer Magen -.- Der nie die Klappe halten wollte. Ich musste mich doch konzentrieren. Wie dolle mein Kiefer geschmerzt hat, weil die Schmerzen im Magen so unerträglich wurden und auf den Kiefer beißen die einzige richtige Möglichkeit ist, um Druck abzubauen mitten in der Vorlesung. Lineal über Hände- auffällig. Gummibänder- in einem totstillen Hörsaal (der Prof brüllt immer, da ist es jedes Mal mucksmäuschen still), keine gute Idee. Fingernägel- mhm, hätte man welche, wäre es vielleicht was. Beißen auf die Finger- naja. Mit der Schere spielen, die Gelenke kühlen- maaaaan -.- Da sitzen Leute rechts und links neben einem, so eingefercht, hinter einem sitzen welche und alle tun irgendwas, um sich konzentriert genug zu halten und nicht das wichtigste zu verpassen, nehmen trotzdem so genau die Umwelt wahr. A la- was hat mein Nachbar, der vor mir aufgeschrieben, was habe ich verpasst, wie kann ich es besser formulieren, was hat er gesagt und ich habs nicht geschafft mit zu schreiben. Ich kann mich nicht hinsetzen, die Knie anziehen und wiegen, bis alles wieder okay ist und die Schmerzwellen endlich zurückgehen. Jon. fing schließlich an seine Mensakarte in der Hand zu drehen, eine Viertelstunde vorm Ende waren wir raus aus der Vorlesung. Das Mittag war essen, nein. In meinen Augen war es fressen. So ekelig. Bäh. Wie ich das in mich schaufeln konnte, ein Hauptgericht alleine, kein Salat und kein Gemüse. So ein Scheiß. Auch wenn ich es nicht auf bekommen hab. Hauptgericht. Das geht nicht. Maximal Beilagentag. Ist billiger, ist weniger, ist besser. Ich fresse niemals so ein ganzes Hauptgericht auf, da lohnt es sich nie, auch eins zu kaufen. 
Es war so erbärmlich. Das Essen. Das Knien auf den Fliesen. Der verdammt widerliche Nachgeschmack. Es ist ungesund, scheiße für die Zähne. Bla. Ich weiß das doch alles.

Heute die Waage. Es ist so unkontrolliert alles. Ja, ich weiß. Ich brauche diese Waage, weil ich sonst nicht klar komme. Ich brauche diesen Anblick im Spiegel, wenn ich eine gute Stelle entdecke. Eine gute unter tausend unförmigen, wabbeligen Bereichen und Zentimetern Fett auf diesem komischen Körper. 

Aber nun trage ich Körper erstmal ins Bett; muss lernen und lernen am Wochenende. Die Jungs wollen ins Freibad, weil es morgen eröffnet.
Mhm. Ist klar. Vielleicht kann ich mich dagegen endlich wieder mit hellen Hosen anfreunden. Schwarze lange Jeans sind die Hölle bei dem Wetter. 
Trotzdem. Ich werde schwimmen, weil ich endlich wieder ins Training kommen muss. Morgens. So früh wie es nur möglich ist und so viel es mir die Uni erlaubt. Weil Wasser frisst. Es frisst den Körper für den Moment im Wasser, macht ihn leichter. Es frisst die Narben und verschluckt sie unter Wasser.
Es soll mich auch fressen- untertauchen, die Last ablegen, körperlos leben. Die schwere Seele kann sich auch alleine tragen. Sie braucht nicht den Körper, der formlose Brocken.
Vielleicht könnte sie etwas fliegen.
Es wäre schön. 

1 Kommentar:

  1. DAS meine ich mit "Einstellung".
    Magersucht ist so viel mehr als nur die Zahl auf der Waage.

    AntwortenLöschen