Happiness does not wait

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Donnerstag, 31. März 2016

Ja, ich krieg' das hin

«Hör auf hier rum zu flennen, sonst knall' ich dir hier in der Öffentlichkeit eine.» (meine Mutter, ich 10-12 Jahre)

Niemand trocknet deine Tränen.
Höchstens deine Schwester, die in derselben Welt leben muss.

Häufig könnte ich heulen über das, was in meiner Kindheit alles so abgelaufen ist.
Mach ich auch. Oft. Leider.
Die Große hat mal dazu gemeint, dass dies okay ist, etwas zu betrauern. Die Beratungsfrau meint das auch. Aber bloß nicht darin versinken. Selbst wenn ich das manchmal tue - versinken, ertrinken in den Massen an Wellen. Die wieder reinbrechen, wenn ich aus einem verkackten Albtraum mit nassen Klamotten aufwache oder bei ihnen im Haus bin.Wenn jemand zu dicht hinter mir steht oder eine unbedachte Armbewegung in meinen Augenwinkeln passiert.

Versinken? Nein.
SO soll das nicht bleiben und das wird es auch nicht.
Dafür, verdammt noch mal, bin ich ausgezogen. Vor bald 5 Jahren schon.
Dafür lebe ich so weit weg.
Dafür studiere ich das, was _mir gefällt.
Dafür stehe ich dazu, dass ich Frauen liebe (zumindest deutlich mehr als Männer).
Dafür verstecke ich genau das nicht mehr.
Dafür lasse ich nicht in meine Umzugs- / Haustier- / Studienpläne hinein reden.
Dafür äußere ich meine Meinung und stehe auch zu eben jener.
Dafür mache ich mir lieber selbst ein Bild von Situationen und Mitmenschen.
Dafür habe ich erkannt, was ich für einen Gewinn durch die Bewältigung der Magersucht errungen habe.
Dafür mische ich mich auch ein, wenn ich sehe, wie einem Kind an den Armen gezerrt wird, es eine Ohrfeige bekommt oder es laut angeschrien wird.
Dafür arbeite ich weiterhin daran, dass mich ihre Worte und anderes nicht mehr verletzen.
Dafür würde ich auch Worte und Konsequenzen sprechen lassen, falls es nach meinem Auszug doch erneut zu einem gewalttätigen Übergriff kommt.

Dafür fange ich immer wieder von vorne an.

«Ich fang' von vorne an
hör' auf zu heulen
wisch' die Tränen weg
mit deinem Anorak.
War mir eh zu groß,
ich schaff's auch allein.

Ja, ich schau' nach vorn.
Ja, ich krieg' das hin.
Ich versinke nicht
in deinem scheiß Anorak.
War mir eh zu groß,
ich schaff's auch allein.»


Um endlich dem Trauern und der Wut gegen mich selbst nicht mehr so viel Raum zu geben. Nicht mehr in dem gut gemeinten, überhüteten, gewalttätigen Elternliebe-Anorak zu ersticken.

«und wenn ich Angst hab', lass' ich nachts die Lichter an.
Ja, ich krieg' das hin.»

(Sarah Connor - Anorak)

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