Happiness does not wait

Seiten

Donnerstag, 17. November 2016

Das schwere Ding mit dieser Liebe

Vielleicht bin ich ein glücklicher Single.
Denn prinzipiell bin ich ganz akzeptabel im Alleinesein. Alleine Urlaub zu machen, erfüllt mich. Im Auto sitzen, mit den Fingerknöcheln auf dem Lenkrad trommeln und alle Laute meiner Stimmbänder in Klangfarben verwandeln, macht mich zufrieden. Sich im Bett drehen, wenden, zwischen der kühleren und kuscheligen Decke hin und herwechseln, lässt mich ruhig schlafen. Sich selbst mit lesen, stricken, bouldern, Musik... zu beschäftigen und darin meine innere Ruhe zu finden, ist total mein Ding. In der dynamischen Natur mich zu bewegen, inne zu halten und tief durchzuatmen, macht mich frei.
Freiheit.

Über mein Netz an Freunden bin ich dennoch sehr glücklich. Möchte ich Kontakt, stelle ich ihn her, indem ich an der Nachbartür klopfe und meinen Mitbewohner besuche, schreibe ich eine Nachricht, spreche ein paar Zeilen zu einer Sprachnachricht zusammen, telefoniere oder schaue spontan bei meinem besten Freund vorbei. Muss ich tatsächlich nachts mal flüchten, habe ich eine Freundin, bei der ich auf der Matte stehen kann und sie ohne Fragen mich auf ihr Sofa verfrachtet, bestimmt Tee hinstellt und tausend Taschentücher anreicht, wenn ich sie brauche.


Trotzdem ist da nun sie. SIE. Sie wohnt nicht in meiner Stadt, macht nichts ähnliches, sondern arbeitet ganz tapfer jeden Tag und die restliche Zeit gehts ihr momentan nicht so gut. Sie ist viel krank und manchmal ist es ein ganz schönes hin und her. Wir hören ein paar Tage nichts von einander, danach glühen die Tasten oder Sprachnachrichten.

«Ich hab mich auf dich
und deine Art eingelassen
ganz unverbindlich
erstmal gucken, wie es wird

und wird's dir zu eng
musst du nicht bei mir bleiben»¹

Wer weiß, ob sie weiß, was sie will. Wer weiß, ob ich weiß, was ich will.
Außer ihre Hand zu nehmen, sie an mich zu ziehen, sie zu küssen. Ihr morgens den Kaffee reichen, sie nach der Arbeit abholen. Mit ihr an der Hand über einen Flohmarkt schlendern oder mit Wasser in den Ohren über die Wellenoberfläche in einer Therme gleiten. Sie mit an die See nehmen, Blätter in die Haare werfen und endlich den Drachen aufbauen. Ihr zusehen, wie sie bei Nervosität tausend mal ihren Lipliner rauskramt und noch mehr Angst vor Spinnen hat als ich.

Irgendwie klingt das verliebter, als ich geglaubt habe. Dennoch ist es verdammt schwer. Verbindlichkeit und Freiheit. Arbeit und Uni. Zwei verschiedene Städte. Würde sie sich überhaupt darauf einlassen? Und wie tickt sie in einer Beziehung? Wie ticken wir gemeinsam in einer Beziehung?
Ob sie keine Probleme damit hat, mit einer Freundin statt einem heterosexuellen Partner durch die Stadt zu spazieren oder kennt sie es noch gar nicht und traut sich allgemein nicht?
Wie genau sie wohl überhaupt empfindet?


Und schließlich bringt mich die alt Neu-Berlinerin immer noch ein bisschen durcheinander. Auch wenn sie inzwischen die Brücken wirklich hier zur Stadt abgebrochen hat, sich zum tausendsten Mal von ihrer On-Off-Beziehung getrennt hat, rührt ihre Stimme von den Sprachnachrichten und Bildern meine Seele an.
«This love is rain and blue skies»²
Unverbindliche Küsse. Warme Umarmungen und mit den Fingern in die vollen Haare greifen. Sich aneinander schmiegen.
Sie wird vermutlich immer etwas besonderes für mich bleiben.
«Still falling for you»²
Zumindest etwas, Kleine.


Aber Verliebtsein ist nicht mit Liebe gleichzusetzen und vielleicht kenne ich dieses schwere Ding namens Liebe momentan gar nicht.

«If love was a word
I don't understand
simplest sound
four letters»³




¹Revolverheld - du weißt nicht, was du willst
²Ellie Goulding - still falling for you
³Marlon Roudette - new age

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen