Happiness does not wait

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Donnerstag, 5. Januar 2017

Wo fängt es an

liebes, neues Jahr.

Also, nun 2017?

Doch bevor ich die Tage wirklich nun meinen Blick auf die kommenden Aufgaben, Termine und meine Jahresplanung richte, habe ich das letzte Jahr etwas Revue passieren lassen.
Sowie einen längeren Blick zurück auf die vergangenen drei Jahre.

2016

Erneut ist es ein komplett anderes, vielseitiges Jahr gewesen und natürlich wird immer etwas neu sein, neues passieren, neues in mein Leben treten. Jedes Jahr zuvor, in 2016 und auch im kommenden Jahr.

Das, was uns bleibt, ist die Veränderung.

Ich habe sicherlich auch wieder einiges gelernt in 2016. Stricken zum Beispiel. War ich lange lange ein großer Verfechter des Standpunktes, "niemals lerne ich in meinem Leben stricken", hat mich ein kleines niedliches Schaf dazu ermuntert, es zu beginnen. Ein Plüschi. Das kleine, weiche Plüschschaf hat mein Herz erwärmt und ich _musste es einfach kaufen. Also... die Wolle dazu, Nadeln in winziger Stärke und eine verwirrende Anleitung.
Dennoch hat sich meine Mutter erbarmt, hat sich die Geduld und Ruhe genommen, mir im gemeinsamen Seeleninsel-Urlaub linke und rechte Maschen, Überschläge und Muster beizubringen. Nun stricke ich also. Seit zwei Monaten hüpfen also hin und wieder Maschen von der Nadel und inzwischen bin ich geschickt darin, Fehler im Muster zu erkennen, verlorene Maschen aufzunehmen und parallel Musik zu hören, fern zu sehen oder mich mit Menschen zu unterhalten. Dabei macht es mir so viel mehr Spaß, für Schwesterherz zu stricken und zu sehen, wie sehr sie sich von Herzen darüber gefreut hat.
Aber nicht nur Stricken hat mich als neues Hobby im vergangenen Jahr begleitet. Nachdem ich im letzten Jahr mehr und mehr den Freundeskreis der Theatergruppe kennengelernt, im Februar `16 mit meinen Freunden mitgefiebert habe, als sie ihre Aufführungen hatten, hab ich nun selbst Blut geleckt. Seit April bin ich Teil einer 20 köpfigen Theatergruppe. Einem verrückten Haufen aus Studenten, Auszubildender und jungen Arbeitnehmern aller Richtungen, verschiedener Länder sowie Sprachen. Teils kuriose, lustige Rituale, die vor allem bei Premieren und Dernieren zum Vorschein kommen, Partys, kreatives Mitmischen bei der Stückgestaltung, tolle Menschen und im Februar `17 die diessemestrigen Aufführungen füllen mein Leben.
Ich bin gewachsen dieses Jahr. An Menschen, die schon lange mein Leben begleiten, wie Lou., mit der ich im April in Dänemark einen schönen Urlaub verbraucht habe, an Menschen, die neu in mein Leben getreten sind und mir sogar mal ganz ordentlich den Kopf verdreht haben und an mir. Situationen, die mir begegneten und mit denen ich plötzlich umgehen musste.
Obwohl ist nicht wusste, wie ich diese bewältigen soll mit meiner doch sehr brüchigen Seele und dumpfen Blasen voller Angst, Ungewissheit und belastender Gedanken, die immer wieder an die Oberfläche steigen und zu zerplatzen drohen.
Besonders depressive, dunkle Wochen haben 2016 geprägt. Wochen, in denen ich kaum aufgestanden bin, meine Welt zwischen Wach und Traum aufgebaut habe, mich kaum gewagt habe, Hilfe anzunehmen, versehentlich mehrmals meine Medikation abgesetzt hatte und viel der Zeit in der neuen Wohnung, der WG, mit Alleinsein verbracht habe.
Aber auch schöne Lichtpunkte haben sich wie kleine Laternen in die Wochen eingereiht und mir wieder Schub und Hoffnung gegeben. Meist Konzerte wie dreimal die Sillys zu hören, Silbermond und Tanz der Vampire zu erleben oder einfach die Seele baumeln lassen in mitten der vielen Menschen beim Airbeat 1 Festival. Ebenso die Leichtigkeit über der Erdoberfläche während ich Innenlands als auch außerhalb nach Ungarn geflogen bin und all die Momente, in denen ich meine Schwester in die Arme schließen durfte, sie ruhig und beständig atmen höre und sehe.

«Ein Sturm kommt auf, wir halten ihn aus.»

Silly - Kopf an Kopf

Im März besuche ich sie wieder in Ungarn und was meine Eltern tatsächlich richtig perfekt geschafft haben, ist meine Schwester. Meine Seele immer dicht neben ihrer zu wissen, ist unbeschreiblich kostbar und zaubertoll.


2013 - 2016 

Drei Jahre sind eine lange Zeit und vergingen teilweise doch wie im Flug. Sie stehen nach wie vor nicht im Vergleich mit den etwa 7 Jahren voller Magersuchtsgedanken, -handlungen und der verzweifelten Zeit meiner hungernden Seele.
Sie hat mich gequält, die verdammte Essstörung, hat mir Freude, Leichtigkeit, Freunde, Kraft, Konzentration und viel mehr genommen. Dennoch glaube ich, dass ich sie brauchte, um mit den Splittern der kaputten Lebenssituationen umzugehen. Ich bin an ihr gewachsen, weiß mich gut zu reflektieren und auf mich zu achten. Nicht alles runterzudrücken, was gerade hervor kommt. Aber ich brauche sie nicht mehr. Meine übrigen Diagnosen reichen noch mein ganzes restliches Leben aus. Da kann ich ruhig eine richtig dumme Krankheit am Kragen packen und aus dem Fenster schleudern.
Drei Jahre bin ich seit der Klinik wieder auf mich selbst gestellt mit genügend Mahlzeiten, ohne verbotene Nahrungsmittel, tatsächlich ganz OHNE verbotene Lebensmittel, und der Selbstfürsorge, meinen Körper bei Kräften und am Leben zu erhalten. Fülle ich nun einen Test aus, ob eventuell eine Essstörung vorliegt, lande ich immer im sicheren Bereich, dass da nichts ist. Nichts mehr.
Ich lasse Essen nicht verschwinden, teile es weder in Farbe, noch Form ein, esse nicht in einer bestimmten Reihenfolge, zähle keine Kalorien mehr, koche oder backe nur noch, wenn ich auch davon esse, ich geize nicht übertrieben am Geld beim Essen, denke und träume nicht mehr pausenlos vom Essen.
Ich esse. Mit, vor anderen, auch allein, schaue, worauf ich Lust habe, koche, esse auf oder lass auch mal liegen. Wie es eben normal ist. Ich esse auch mal nachts oder spät oder mal auch nur zwei Mahlzeiten oder vorm Fernseher. Wie es eben auch normal ist.
Ich bin auf kein Gewicht mehr fixiert. Ohne Waage, kein dauerndes Wiegen. Aber den Impuls hätte ich gar nicht mehr. Ich trage Kleidung von xs bis m, weil Größen einfach ein dämliches System ohne für alle geltende Regeln sind. Es passt? Okay. Ich taste keine Knochen mehr ab, fahre nicht mehr ständig über die "dicken" Stellen, zähle keine Gürtellöcher ab, sondern trage kurzerhand überhaupt keine Gürtel mehr. Die Hosen sitzen ohne gut. Darauf achte ich beim Kaufen. Größen? Paah. Es muss mir gefallen und passen, andernfalls ist es das Geld nicht wert.
Ebenfalls liest sich meine Check-Liste / meine Frühwarnsignale für einen möglichen Rückfall leicht. Weil nichts mehr zutrifft. Ich fastfoode auch, esse gerne mehrmals täglich warm, nehme mir die Zeit zum Essen, vergleiche meine Figur nicht mehr mit anderen. Sehe ich extrem dünne, kranke, habe ich Mitleid und hoffe, dass diejenigen das auch schaffen. Weil ich selbst never ever in die Spirale zurück will.
Mich einer Krankheit hinzugeben, voll aufzugeben und ihr alles zu überlassen, fällt mir nicht mehr im Traum ein. Nein.
NEIN! Ich bin sperrig und kratzbürstig, stur und viel zu viel verliebt in das Leben, als mich in den langsamen Tod durch Verhungern ziehen zu lassen.
Mein Gewicht nicht zu kennen, macht mich zufrieden. Wozu brauche ich es auch? Ich bin dennoch dünn, das weiß ich, das sehe ich und schätze inzwischen fast überall auf den Zentimeter genau meinen Umfang ein (Ausnahme bleibt der Bauch, aber ich bin nicht fett und das weiß ich und fühle ich genau). Heute morgen als Vergleich zu der Übung von vor drei Jahren getestet. Stämmige Unterschenkel? Ja, mein Gott, es ist eben so. Und dort steckt Kraft drin. Kraft, die ich früher fürs Sprinten auf die Tartanbahn und heute fürs Klettern an der Boulderwand brauche.

In den drei Jahren seit der Krankheit habe ich gelernt, weiter zu essen und zu leben mit dem Gewicht und der Figur, die ich habe. Zufrieden damit zu sein. So zufrieden, dass ich auf einer Bühne stehe und mich nicht unwohl oder wie ein dicker, aufgeblähter Kugelfisch fühle.
Ich habe angefangen, Lässigkeit, Freiheit, Genuss und Spaß beim / mit / durchs Essen in mein Leben zu lassen und darauf bin ich unfuckingfassbar stolz. Ganze 10 Jahre später.




Es liegt hinter mir.

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